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Diese Nacht war für die Familie des Viscounts äußerst qualvoll. Die Frauen hatten ihre farbenfrohen Seidengewänder gegen schwarze Kreppkleider und Schleier getauscht. Sie versammelten sich um den warmen Kamin und weinten bitterlich.

Die Viscountin schluchzte die ganze Nacht und beschimpfte wütend ihre Schwiegertochter: „Du nutzlose Frau! Du hast Belon nicht einmal einen Sohn geschenkt. Ich bereue zutiefst, dass ich ihn gezwungen habe, dich zu heiraten!“

Vivian lächelte kalt. „Warum habt ihr dann nicht gesagt, dass ich nutzlos bin, als ihr meine Mitgift verprasst habt? Ihr habt mich nur des Geldes wegen geheiratet. Und was das Geld betrifft – ich habe euch all diese Jahre nicht im Stich gelassen. Alles, was ihr besitzt, stammt aus meiner Mitgift. Ohne mich wäre euer Gut längst überschuldet. Wie hättet ihr dann in solchem Luxus leben können?“

„Wie kannst du es wagen, so etwas zu sagen!“

„Was soll das heißen? Nun bin ich eine Witwe – ohne Kind, ohne den Titel der Viscountess. Warum sollte ich hierbleiben? Natürlich nehme ich meine Mitgift und gehe nach Hause.“

„Du! Das hast du nicht zu entscheiden!“

„Recht? Natürlich habe ich dieses Recht – es ist mir gesetzlich zugesichert.“ Vivian erhob sich lächelnd und wandte sich an die Anwesenden. „Es ist spät, meine Damen und Herren. Ruht euch aus, die kommenden Tage werden anstrengend – wir müssen die Beerdigung vorbereiten.“

Nachdem Vivian den Raum verlassen hatte, schrie die Viscountin wütend: „Diese Hure! Diese niederträchtige Frau! Sie darf unser Vermögen nicht mitnehmen!“

„Mutter, beruhige dich bitte“, flüsterte die jüngste Tochter Lauren, die neben der Viscountin saß und sie mit einem Fächer kühlte. Lauren war eine außergewöhnliche Schönheit – sie trug gerne eine blonde Perücke, die ihren makellosen Teint und ihre hellgrünen Augen betonte. Obwohl sie erst sechzehn war, strahlte sie bereits die Anmut einer erwachsenen Dame aus.

Die Viscountin schluchzte weiter: „Was sollen wir nur tun? Sagt mir, was wir tun sollen! Wir werden bankrott sein, ohne Erben! Der Titel eures Vaters wird an diesen Bastard fallen. Und wenn er eines Tages stirbt, werden wir aus diesem Haus vertrieben!“

Viscount Lloyd versuchte zu beruhigen: „Sei nicht so pessimistisch. Nach altem Brauch könnte er Freya oder Lauren heiraten – dann würden unsere Töchter die Herrin von Bäcker Manor werden. So wie ich gehört habe, ist er ein geschickter Geschäftsmann und durchaus wohlhabend.“

„Nein! Vater, ich will ihn nicht heiraten! Dieser hässliche Bucklige!“ Die zweitälteste Tochter Freya sprang auf und protestierte heftig: „Ich werde mir meinen Ehemann selbst aussuchen!“

Im Vergleich zu der dritten Tochter Lauren war die zweite Tochter Freya von weitaus anziehenderer Gestalt, doch ihr Charakter entbehrte jeglicher Stabilität. Von unerträglicher Arroganz, führte sie stets das große Wort.

Lord Lloyd sprach: „Du möchtest dir selbst einen Ehemann aussuchen? Sollte sich ein Adliger von Reichtum und Einfluss finden, der dich zu nehmen bereit ist, könnte ich dich unverzüglich verheiraten. Doch leider, angesichts der Tatsache, dass deine vermögende Schwägerin im Begriff steht, uns zu verlassen, fürchte ich, dass ich nicht einmal eine Mitgift von tausend Pfund aufbringen kann. Glaubst du im Ernst, unter diesen Umständen würde sich noch ein Adliger um dich bemühen?“

„Ach! Du meine Güte! Du meine Güte!“, kreischte Freya laut auf. „Ich werde ihm umgehend schreiben, ihn zu benachrichtigen“, sagte der Lord. „Bereitet alles vor, um ihn zu empfangen.“

In der vergangenen Nacht hatte der erste Schnee des Winters leise seinen Einzug gehalten. Tief in der Nacht lag ich wach in meinem Bett, umfangen von eisiger Kälte, die mir den Schlaf raubte. Meine Füße blieben starr vor Kälte, ohne auch nur einen Hauch von Wärme zu spüren, und so kehrten meine Gedanken zurück zu jenen Tagen, da ich mich versteckt halten musste…

Am frühen Morgen riss mich das schrille Läuten der Glocke aus meinen Gedanken und läutete einen neuen Arbeitstag ein. Auf Geheiß des Hausverwalters Hülse eilte ich zum Stall, um den Stallknechten auszurichten: „Seine Lordschaft wird bald ausreiten. Bereitet unverzüglich die Kutsche vor.“

Die Stallungen des Gutes Bäcker waren von solider Bauart und beherbergten mehr als ein Dutzend edler Pferde aus den weiten Steppen des Ostens, die der Herrschaft für Ausritte oder die Jagd zur Verfügung standen. Zugleich wurden hier mit größter Sorgfalt eine Meute reinrassiger Beagel gehalten. Noch ehe ich den Stall betrat, hatten die kleinen Hunde bereits lautstark zu bellen begonnen.

Einige der Stallknechte grüßten mich und erwähnten, dass es bald regnen könne, weshalb sie die Kutsche genauestens überprüfen müssten. Anders als das im Schloss angestellte Dienstpersonal gehörten zum Gut noch über ein Dutzend weitere Bedienstete: Stallknechte, Gärtner, Waldhüter, Nachtwächter. Ihnen war der Zutritt zum Schloss verwehrt; sie hausten in einer Reihe kleiner Hütten nahe des Waldes. Das äußere Gesinde stand noch unter dem einfachen Dienstpersonal, und bisweilen hatte ich sogar das Recht, ihnen Anweisungen zu erteilen.

„Der Kammerdiener Seiner Lordschaft wird bereits Mantel und Schirm bereithalten. Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen“, beruhigte ich sie.

Der alte Stallknecht Toal fragte mich: „Toker, man erzählt sich, du wärst vor Kurzem heimgekehrt.“

„Ja, an jenem unglückseligen Tag, als dem jungen Lord Lloyd das Missgeschick widerfuhr“, antwortete ich.

„Und wie geht es den Deinen?“

„Dank eurer Güte, sie sind bei bester Gesundheit.“

»In ein paar Tagen fahre ich in die Stadt, um einzukaufen. Soll ich dir etwas mitbringen?«, fragte Onkel Brandt mich.

»Ach, nein danke. Ich gebe meinen Lohn immer meiner Mutter, da bleibt nichts übrig für Extras«, antwortete ich lächelnd.

»Junge, du musst schlauer sein und dir etwas Geld zurücklegen«, sagte Toal. »Meine Nichte Zera kommt heute als Küchenmädchen auf das Gut. Sie ist ein bisschen tollpatschig – wenn du die Gelegenheit hast, gib ihr ein paar Ratschläge.«

Bei dem Namen Zera stockte mir der Atem. Ihre Gestalt war in meiner Erinnerung schon längst verblasst.

Mittags sah ich dann das überforderte Mädchen vor dem Backofen – es war Zera. Die älteren Küchenmädchen machten ihr das Leben schwer, und sie wirkte, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen.

Ich stellte mein Tablett ab und ging zu ihr: »Du bist Toals Nichte, nicht wahr? Ich bin Toker. Er hat mich gebeten, ein Auge auf dich zu haben. Mach dir keinen Kopf – schlimmstenfalls schimpfen sie mit dir, aber sie schlagen dich nicht oder schicken dich nach Hause, nicht wahr?«

Zera entspannte sich ein wenig und lächelte mich an. Doch dann senkte sie schnell den Blick, als fiele es ihr schwer, mich anzusehen, und fing an, nervös an ihrer Schürze herumzuzupfen.

»So, junger Mann, jetzt lass meine Mädchen in Ruhe!«, schnauzte eine korpulente Köchin und zerrte Zera aus meinem Blickfeld.

Rhodes kam grinsend auf mich zu: »Mann, du hast echt eine Ausstrahlung! Noch ein Blick von dir, und das Mädel wäre vor Scham in den Boden versunken.«

Ich lächelte verlegen: »Hör auf, Unsinn zu reden. Sie ist einfach nur schüchtern.«

Doch Rhodes fuhr fort: »Hätte ich so ein hübsches Gesicht wie du, wäre ich längst kein einfacher Diener mehr – vielleicht schon der Liebhaber einer vornehmen Dame.«

Ohne ihn weiter zu beachten, nahm ich mein Tablett und verließ die Küche.

Der Grund, warum ich ihm nicht widersprach, war, dass ich einst ebenso von mir eingenommen gewesen war. Meine Mutter hatte mir eine stattliche Erscheinung vererbt – eine große, aufrechte Gestalt, goldgelocktes Haar, eine edle Nase, tief liegende Augen und azurblaue Pupillen. Mein markantes Gesicht galt allgemein als außerordentlich attraktiv.

Ich erinnere mich, als ich gerade vierzehn geworden war, versuchte eine liederliche Frau aus dem Dorf mich zu verführen, bot mir sogar Geld an. Aus Neugier ließ ich mich auf sie ein, küsste sie im Heuschober, entriss ihr die Kleider. Doch als ich ihren üppigen Körper erblickte, überkam mich Ekel, und ich flüchtete entsetzt. Die unzähligen roten Flecken auf ihrer Haut jagten mir Angst ein.

Nun, mit achtzehn, war ich gereifter und noch ansehnlicher geworden, zog mehr Blicke von Frauen an als je zuvor. Sie tuschelten und kicherten hinter meinem Rücken. Wohin ich auch ging, die Augen folgten mir. Dies alles nährte meine blinde Zuversicht, dass jede Frau mich unweigerlich lieben müsse.

Die Haushälterin Rachel hieß mich, Kaffee und Gebäck in den kleinen Salon zu bringen. Bei ausgebildeten Dienern war elegante Etikette unerlässlich, besonders beim Servieren. Die Platte musste ich mit erhobenem Haupt tragen, den Blick geradeaus. Das Tablett hielt ich fest mit einer Hand, die andere ruhte natürlich auf dem Rücken. Mein Gang war gemessen, weder hastig noch zögerlich. Diese Balance zwischen Anmut und Stabilität erreicht nur, wer lange geübt hat.

Als Haushälter Hülse sah, wie schnell ich mich einfügte, war seine Überraschung mein Stolz. Er lobte mich als geborenen Kammerdiener.

Heute empfing das Gut Bäcker Gäste. Lady Cheryl war mit ihrer kleinen Tochter Katharina aus Lancaster angereist. Ihre Kutsche traf etwas verspätet ein, gerade als Lord Lloyds Begräbnis zu Ende ging. Cheryl schluchzte verzweifelt, schien zutiefst betrübt. Ob ihr Kummer jedoch echt war, wussten wir nicht. Ihr Haar war kunstvoll frisiert, ihr Make-up makellos, ihr Schmuck kostbar und prächtig – einzig ihr schwarzes Trauerkleid unterschied sich vom Gewohnten.

Jetzt empörte sie sich bei der Gräfin: »Diese Dirne ist einfach davongelaufen!« Die Gräfin fächelte sich heftig, keuchte in ihrem eng geschnürten Korsett: »Gleich nach der Beerdigung stieg sie in die Kutsche ihrer Familie und verschwand.« Cheryl verzog angewidert das Gesicht: »Ach, Mutter, wie könnt Ihr diese niedrige Person ertragen! Wir hätten die Kaufmannstochter nie ins Haus lassen sollen, nur wegen der Mitgift.« »Jetzt ist nicht die Zeit, an sie zu denken«, murmelte die Gräfin.

Nachdenklich ließ Cheryl ihren Fächer sinken: »Wird er kommen?« »Schwer zu sagen … Unser Verhältnis war nie gut«, seufzte die Gräfin besorgt.

Ich hörte jedes Wort, die Gespräche der Herrschaften hallten in meinen Ohren. Doch ich musste unsichtbar bleiben. Meine Aufgabe war es, das Essen hereinzubringen, dem Oberdiener zu übergeben und dann regungslos an der Wand zu stehen wie ein Gemälde, bis man mich rief.

Die Oberdiener servierten Tee und Gebäck mit devoter Höflichkeit, bewegten sich geschmeidig wie Katzen. Lady Freya flüsterte mit dem Diener Sumpfland, während Lady Lauren weit würdevoller wirkte. Sie lächelte den Bediensteten zwar freundlich zu, verschwendete aber kein Wort an uns. Vermutlich verachtete sie uns im Stillen.

Damals jedoch verlor ich mich in ihrem bezaubernden Lächeln, bemerkte ihre Verachtung nicht und bildete mir gar ein, sie liebe mich …

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